Pro Tag ein Einblick in unseren Justizvollzug: Das war mein eigenes, kleines Adventsprojekt. Entstanden ist ein Adventskalender, der die Vielfalt unserer Bestrebungen abbildet, die Inhaftierten auf ihrem Weg zurück in die Gesellschaft zu unterstützen. Ich bin stolz auf die Leistungen meiner Mitarbeitenden.
Die Weihnachtszeit ist eine Zeit des Rückblicks und der Dankbarkeit. Ich habe in den letzten Tagen – präziser: seit dem 1. Dezember – besonders intensiv auf die Bemühungen zurückgeblickt, welche die Mitarbeitenden des Justizvollzugs täglich leisten. Entstanden ist eine faszinierende Galerie von 24 Spots: 24 grössere und kleinere Aktivitäten, Vorkehrungen, Massnahmen und Methoden, die alle auf unser grosses Ziel ausgerichtet sind – nämlich darauf, die Inhaftierten bestmöglich auf die Zeit nach der Haft vorzubereiten und so ihre Wiedereingliederung zu fördern.
Es ist ein Rückblick mit viel Grund zur Dankbarkeit: Ich bin beeindruckt, mit welcher Kreativität, welchem Engagement und welcher Hingabe die Mitarbeitenden des Justizvollzugs auf unser Ziel hinarbeiten – und möchte mich dafür bei ihnen herzlich bedanken.
Das Normalisierungsprinzip leben
Gleichzeitig freut es mich, wenn ich Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, über meinen digitalen Adventskalender ein Bild von unserer Arbeit vermitteln kann – und sollte es mir dazu noch gelingen, Sie mit der einen oder anderen Information zu überraschen oder gar zu verblüffen: umso besser.
Mir geht es jedenfalls regelmässig so, dass mich die Innovationsfreude unsere Vollzugsfachleute verblüffen. Zum Beispiel, wenn sie nach Möglichkeiten suchen, um das im Justizvollzug so zentrale Normalisierungsprinzip umsetzen zu können. Das Prinzip besagt, dass sich das Leben im Gefängnis so wenig wie möglich vom Leben ausserhalb des Gefängnisses unterscheiden soll – damit die Inhaftierten möglichst viele Fertigkeiten erhalten können.
Würde der Strafvollzug dazu führen, dass die sozialen und lebenspraktischen Kompetenzen der Betroffenen verkümmern, wäre das so ziemlich das Gegenteil unseres Anspruchs – nämlich dafür zu sorgen, dass die Startbedingungen für die Rückkehr in die Normalität bestmöglich sind und so die Wiedereingliederung gelingen kann.
Keine verlorene Zeit
Wie wir dieses Normalisierungsprinzip ganz konkret leben und wie wir auch sonst dafür zu sorgen versuchen, dass die inhaftierten Personen ihre Haft nicht als verlorene Zeit empfinden, sondern als Vorbereitung auf ein besseres, nämlich deliktfreies Leben danach: Das alles erfahren sie in meinem Adventskalender. Das Spektrum reicht von alternativen Vollzugsformen über Angehörigen- und Väterarbeit bis hin zu individuellen Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten oder zu Sport-, Musik- und künstlerischen Angeboten.
Im Justizvollzug manifestiert der Staat seine Macht: Der Staat nimmt den betroffenen Menschen die Freiheit. Drastischer geht es kaum. Umso wichtiger ist der kritikfähige, reflektierte Umgang mit dieser Macht. Und das stetige Bemühen, die anvertraute Macht für eine möglichst positive Entwicklung einzusetzen.
Mit diesem Verständnis von Justizvollzug leisten wir einen konstruktiven, gesellschaftlichen Beitrag. Insofern passen für mich unsere Aktivitäten in diesem Bereich gut in die Adventszeit. Meine Mitarbeitenden tragen viel zu einem gelingenden Zusammenleben in Sicherheit bei. Es freut mich, wenn Sie unsere Anstrengungen mit Ihrer Zeit und Aufmerksamkeit würdigen.
Von Herzen wünsche ich Ihnen eine inspirierende, frohe und erholsame Festtagszeit und dann einen guten Sprung ins neue Jahr.
Bild: Der Samichlaus in der JVA Pöschwies – sein Besuch ist einer von vielen Aspekten des Normalisierungsprinzips. Was ausserhalb der JVA «normal» ist, soll auch innerhalb der JVA stattfinden. (Foto: PD)
Tonino schrieb
Wenn sie nach Möglichkeiten suchen, um das im Justizvollzug so zentrale Normalisierungsprinzip umsetzen zu können, dann empfehle ich Ihnen ,den Angehörigen einer in U-Haft befindlichen Person die Möglichkeit zu geben, nicht nur jeden zweiten Monat, sondern jeden Monat ein „Snack-Päckli“ zukommen zu lassen. Warum dies immer noch nicht möglich ist, begreife ich nicht!
Tonino schrieb
Betr. Komm. Päckli in U-Haftnur 2-mtl. :
Kritik an Härte der U-Haft
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) kritisierte in den vergangenen Jahren mehrmals entschieden die Härte der Schweizer U-Haft. «Sie ist die rigideste und strengste Haftform», sagt Kommissions-Vizepräsident Leo Näf. Obwohl für alle Inhaftierten die Unschuldsvermutung gelte.
Immer wieder ist zu hören, dass die U-Haft hierzulande im Vergleich mit anderen europäischen Nationen zu den härtesten gehört. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV) hat für SonntagsBlick einen Vergleich mit dem Ausland gemacht. Dabei zeigte sich: U-Haft wird in der Schweiz häufiger angeordnet als in anderen Nationen des Kontinents, insbesondere im Vergleich mit Deutschland, Österreich und Italien.