• Skip to primary navigation
  • Skip to main content
  • Skip to primary sidebar
  • Skip to footer
jacqueline-fehr.blog Logo

jacqueline-fehr.blog - Blog von Jacqueline Fehr

  • Home
  • Archiv
  • Über Jacqueline Fehr

Mit Daten gegen das Virus

2. Juni 2020 2 Kommentare

Auch Krisen haben Phasen. In der Covid-19-Bekämpfung ist es höchste Zeit, von der flächendeckenden Abwehr zu gezielten, punktuellen Massnahmen zu wechseln. Den Schlüssel dazu halten wir in der Hand: Es sind die Daten!

In der ersten Phase der Corona-Krise war es gut und richtig, dass der Bundesrat das öffentliche Leben weitgehend stillgelegt hat. Der Erfolg ist eindrücklich: Die Ausbreitung des Virus kam praktisch zum Erliegen.

So erfolgreich diese Taktik war, wir müssen sie so schnell wie möglich ersetzen. Die Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft wachsen sonst ins Unermessliche. In Phase zwei müssen wir dem Virus anders entgegentreten: punktueller, präziser, spezifischer. Dabei gilt der simple Grundsatz: Je mehr wir über die Pandemie und ihre Verbreitung wissen, desto begrenzter können wir handeln. Natürlich muss uns in erster Linie interessieren, wer sich wo angesteckt hat und mit wem ein Angesteckter Kontakt hatte. Es gibt aber weitere Informationen, etwa zur Mobilität der Bevölkerung, die direkt oder indirekt den Kampf gegen Covid-19 unterstützen.

Mehr Spielraum für die Kantone

Der Umfang unseres Wissens zu Corona hängt davon ab, wie rasch und wie gut wir die verfügbaren Daten nutzen. Leider sind wir in dieser Beziehung nicht so weit, wie wir sein könnten. Vor bald zwei Jahren beschloss der Bundesrat die sogenannte Open-Government-Data-Strategie (OGD). Diese macht Daten zu einem grundsätzlich öffentlichen, für alle zugänglichen Gut. Individualisierbare Daten bleiben allerdings geschützt. Je mehr Menschen und Firmen mit diesen freigegebenen Daten arbeiten, desto besser wird deren Qualität. Der offene Datenschatz eröffnet ein Universum von Möglichkeiten: Er macht neue Geschäftsideen möglich, lässt uns das öffentliche Leben besser verstehen und erhöht die Effizienz.

In der OGD-Strategie liegt mit Blick auf die Corona-Bekämpfung grosses Potenzial. Leider ist diese Strategie aber in der Praxis noch nicht überall Standard, weshalb die Arbeit mit den relevanten Daten in der Schweiz erst verzögert in die Gänge kam.

Es ist nun an der Zeit, dass das Covid-19-Management wieder näher an unsere politische Kultur herangeführt wird – das heisst: dass die Kantone wieder mehr Spielraum erhalten. Nicht alle Kantone haben dieselben Bedürfnisse und sind mit denselben Herausforderungen konfrontiert. Ausserdem führt mehr föderaler Spielraum zu mehr Lernprozessen: Die Kantone können von den Erfolgen und Misserfolgen der anderen lernen.

Voraussetzung für die Revitalisierung des Föderalismus ist allerdings, dass die Kantone über gute, regionalisierte Daten verfügen. Wir müssen schnell und genau wissen, wo es zu Infektionen kommt. Nur wenn das Restaurant X im Ferienort Y als Infektionsherd identifiziert werden kann, können die Behörden mit gezielten, lokalen Massnahmen die weitere Ausbreitung stoppen. Das muss unser Weg sein. Dann brauchen wir keine flächendeckenden Lockdowns mehr, die vom Genfer- bis zum Bodensee das Leben lahmlegen.

Welchen Beitrag gute Daten leisten können, um die wirtschaftlichen, sozialen und medizinischen Kosten der Pandemie zu reduzieren, zeigt auch eine jüngst in Österreich publizierte Cluster-Analyse. Diese gibt wichtige Hinweise zu den Chancen und Risiken der Lockerungen. Die Studie hat einen Viertel aller Infektionsfälle im Land untersucht und konnte dabei 169 Cluster – zusammenhängende Infektionen – identifizieren. Ein Drittel aller Cluster liess sich Alters- und Pflegeheimen zuordnen. In Schulen, öffentlichen Verkehrsmitteln und Läden wurden derweil keine Übertragungen nachgewiesen.

Ein heikles Gut

Daten sind aber nicht nur ein wichtiges Gut – sie sind auch ein heikles Gut. Das gilt ganz speziell für Gesundheitsdaten, bei denen es sich um besonders schützenswerte Personendaten handelt. Es geht also darum, Wege zu finden, die eine Datennutzung erlauben, ohne dass der Datenschutz verletzt wird. So wichtig es ist, dass die verfügbaren Daten rasch zugänglich sind, so wenig kann darauf verzichtet werden, dass die Balance zwischen den verschiedenen, potenziell widersprüchlichen Ansprüchen erhalten bleibt.

Was heisst das konkret? Daten, die nicht datenschutzrelevant sind, sollen zur freien Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Datenschutzrelevante Daten müssen anonymisiert werden. Es dürfen keine Rückschlüsse auf die Personen hinter den Daten möglich sein. Schützenswerte Personendaten müssen zudem nach ihrer Verarbeitung gelöscht werden. Ferner sind sinnvolle und zeitgemässe gesetzliche Bestimmungen nötig. Dass im Fall der Tracing-App die Notwendigkeit eines regulären gesetzlichen Fundaments nicht dem Zeitdruck geopfert wurde, ist ein wichtiges Symbol. Es zeigt, dass Datenschutz und Privatsphäre auch unter Ausnahmebedingungen verteidigt werden.

Mit einem präzisen, lokalen Eingriff stoppt die Chirurgin das Leiden ihres Patienten, bevor sich dieses weiter ausbreitet. Um präzise, lokale, sozusagen chirurgische Eingriffe geht es auch bei Covid-19. Sie sind in Phase zwei der Weg, um die Pandemie mit den geringstmöglichen Einschränkungen in Schach zu halten.

Dieser Text erschien erstmals in der NZZ vom 27. Mai 2020

Bild: Daten sind ein wichtiges Gut – aber auch heikles. (Quelle Pixabay)

Beitrag teilen

Kategorie: Blog

Reader Interactions

Kommentare

  1. Leo Keller schrieb

    19. Juni 2020 um 11:25

    liebe Jacqueline

    ich schätze Deine Grundhaltung – auch quer zu denken, wenn es angezeigt ist, oder aber mindestens unerwartete Fragen zu stellen – sehr. Dein Ansatz, dass wir “unsere Daten” sorgfältig schützen aber auch “richtig nutzen” sollten, sehr hilfreich, denn er zeigt auf eines der wichtigsten Themen der Digitalisierung in der Demokratie hin: Daten haben verschiedene Aspekte und Dimensionen und richtig “zerlegt” und richtig “geteilt” können sie für das Individuum aber auch für die Commons sehr grossen Nutzen stiften – und umgekehrt! es kommt also sehr darauf an, welchen Anteil der Daten mit wem geteilt wird.

    Deinem Vorschlag, mit intelligenter Daten-Nutzung die Corona-Massnahmen gezielt zu bestimmen und betroffenengerecht einzusetzen, ist mehr als nur zuzustimmen. Genau das haben wir bisher nicht gemacht. Wir haben mit einfachen Massnahmen alle Menschen der Schweiz “eingedeckt” – und damit zwei grosse und äusserst schmerzhafte Fehler gemacht, die wir nun vermeiden sollten:
    1. wir haben alle 8,5 Mio Menschen, also auch jene 5 Mio, die jünger als 50 Jahre alt sind, die ein äusserst kleines COVID-19-Gesundheitsrisiko tragen, mit den gleichen Massnahmen bedacht, und damit enorme Kosten (ökonomische, soziale, gesundheitliche etc.) in Kauf genommen.
    2. Wir haben aber für jene Hochrisiko-Gruppe, deren Corona-Todesfallrisiko 1000 fach höher ist, die Menschen über 80 Jahre, keine spezifischen und wirksamen Schutzmassnahmen realisiert – aus welchen Gründen auch immer – und müssen jetzt mit grosser Bestürzung feststellen, dass 53% der Corona-bedingten Todesfälle (1036 von 1956) Menschen betraf, die in Pflege- und Altersheimen lebten. Und wenn man deren Corona-Todesfall-Raten mit jenen Altersgenossen vergleicht, die nicht im Altersheim leben, dann stellt man bestürzt fest, dass ihr C-Todesfall-Risiko um den Faktor 10 höher war.
    Ich möchte damit darauf hinweisen, dass wir schon jetzt sehr viele Merkmale kennen, die es erlauben würden, gezielte Massnahmen zu ergreifen, dort zu schützen, wo es besonders wichtig (und effektiv) ist und damit auch all den anderen Gruppen schnell wieder ein Leben in Corona-Normalität – mit Hygiene und Abstand und individueller Gesundheitsvorsorge – ermöglichen.

    Antworten
  2. Wolfgang Sabat schrieb

    28. Juni 2020 um 20:38

    Es ist in der Tat ein Skandal wenn es einach so hingenommen wird das Leute falsche Iidentitäten hinterlassen obwohl diese andere Menschen angesteckt haben und das dann noch runter gespielt wird. Ich denke das da konsiquenter reagiert werden muss. Man bedenke das sowas,oder Tun, schon einer Körperverletzung nahe kommt .

    Antworten

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Primary Sidebar

Neueste Beiträge

  • «Was ist für Sie Glück?»
  • Der Schock als Chance
  • Mitreden statt andere reden lassen
  • Sammlung Bührle: Probleme lösen statt Probleme bewirtschaften
  • Weiterkämpfen!

Neueste Kommentare

  • Schudel bei Mitreden statt andere reden lassen
  • Frederic Weil bei Kein Platz für Nazi-Symbole
  • Traubenkernextrakt bei Mit vier Säulen gegen Corona
  • #267 Was interessiert mich das Geschwätz von gestern - Überlegungen zum Stocker-Interview - Duri Bonin bei Wir wollen nicht naiv sein!
  • Kurt Seifert bei Es braucht ein starkes Netz der Menschlichkeit

Kategorien

  • Blog

Archive

  • Januar 2023
  • September 2022
  • August 2022
  • Mai 2022
  • März 2022
  • Februar 2022
  • Januar 2022
  • Dezember 2021
  • November 2021
  • Oktober 2021
  • September 2021
  • August 2021
  • Juli 2021
  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020

Footer

 

  • E-Mail
  • Facebook
  • Instagram
  • LinkedIn
  • Twitter

Copyright © 2023 · jacqueline-fehr.blog · Blog von Jacqueline Fehr · Impressum & Datenschutzerklärung