Der diesjährige Klimadialog zeigte eindrücklich: Auf kommunaler Ebene sind Klimaschutz und Klimaanpassung im Reich des Pragmatismus angekommen.
Herbstzeit ist Klimadialogzeit. Seit fünf Jahren führen wir jeweils im Herbst den Hauptanlass des Klimadialogs durch: eine Diskussions- und Informationsveranstaltung, die sich an Gemeinde- und Stadtpräsidentinnen, Gemeinde- und Stadträte sowie an die Fachleute aus den kommunalen und kantonalen Verwaltungen richtet. Es gibt Podien, Referate und Workshops zu Klimaschutz- und Klimaanpassungsfragen – und viel Gelegenheit, um über eigene Erfahrungen zu berichten und von den Erfahrungen anderer zu hören und zu profitieren.
Veranstalterin des Klimadialogs ist die Plattform «Gemeinden 2030», die «meine» Direktion der Justiz und des Innern, die Baudirektion, der Verband der Gemeindepräsidien (GPV), der Verein der Gemeindeschreiber und des Verwaltungspersonals (VZGV) sowie der Schulpräsidienverband (VZS) gemeinsam tragen.
Dieses Jahr ging es um die Frage, wie sich mit den Mitteln der Raumplanung die Klimaanpassung unterstützen lässt.
Über zweihundert Personen kamen vergangene Woche an den Anlass im Volkshaus Zürich – so viele wie noch nie. Das ist grundsätzlich schon einmal toll und hat mich sehr gefreut.
Doch damit nicht genug. Am Klimadialog zeigte sich: Es ist viel passiert im Umgang und im Verständnis von Klimapolitik. So versammelten sich im Volkshaus Kommunalpolitikerinnen und -politiker quer durchs Parteienspektrum. Linke und Bürgerliche waren bunt gemischt. Und sie berichteten von klimaapolitischen Erlebnissen aus ihren Gemeinden, die ebenfalls so gar nichts zu tun haben mit parteipolitischem Lagerdenken.
Keine ideologischen Grabenkämpfe
Der diesjährige Klimadialog veranschaulichte in aller Deutlichkeit: Auf kommunaler Ebene sind Klimaschutz und Klimaanpassung im Reich des Pragmatismus angekommen. Kaum jemand führt hier noch ideologische Grabenkämpfe. Weil eine sehr breite Allianz, die bis weit ins bürgerliche Lager reicht, einmütig festgestellt hat: Es ist sinnvoll, nützlich, trägt zum Wohlbefinden der Bevölkerung bei und rechnet sich auch über kurz oder lang, wenn die Gemeinden klimapolitisch sensibel agieren – also auf alternative Energieformen setzen, die Biodiversität fördern oder bei Infrastrukturvorhaben und Beschaffungen auf Nachhaltigkeit achten.
Auf nationaler Ebene mögen die Akteurinnen und Akteure sich im Parlament und vor der «Arena»-Kamera weiterhin grosse Wortschlachten zu ökologischen Fragen liefern. Auf kommunaler Ebene sind wir dagegen bereits viele Schritte weiter. Dort wird gehandelt.
Nehmen wir – exemplarisch – das Beispiel Biodiversität. Im September stimmten wir in der Schweiz über die Biodiversitätsinitiative ab. Landesweit sagten 63 Prozent Nein. Im Kanton Zürich lag der Nein-Stimmenanteil bei 58,3 Prozent. Auch die Gemeinde Turbenthal lehnte die Initiative deutlich ab.
Die selbe Gemeinde Turbenthal führte aber unlängst eine Bevölkerungsbefragung zum Thema Nachhaltigkeit durch. Der Gemeindeschreiber präsentierte deren Resultate am Klimadialog – und berichtete auch davon, dass die Befragung zu handfesten Ergebnissen geführt hat (zur Bildung von Arbeitsgruppen, welche das Thema nun vertiefen). Die Resultate der Befragung waren bemerkenswert: 86 Prozent der Personen, die daran teilgenommen hatten, sprachen sich für einen naturnah gestalteten öffentlichen Raum aus. 72 Prozent fanden, auch Private sollten in ihren Gärten die Biodiversität fördern.
«Weil es sinnvoll ist»
Natürlich bin ich mir bewusst, dass ich Äpfel mit Birnen vergleiche, wenn ich nationale Abstimmungen und kommunale Befragungen miteinander verbinde. Trotzdem ist das Beispiel aufschlussreich: Es zeigt, dass es Begriffe und Schlagwörter – eben zum Beispiel «Biodiversität» – gibt, die auf der abstrakten Ebene nach grüner Ideologie klingen und Abwehrreflexe wecken, die aber rasch ihren Schrecken verlieren, wenn sie sich auf Gemeindeebene konkretisieren. Man könnte es auch anders sagen: Die am Klimadialog anwesenden Gemeindevertreterinnen und -vertreter zeigten eindrücklich, in welchem Geist man sich «vor Ort» der klimapolitischen Herausforderung angenommen hat – nämlich im Geist der Vernunft.
Oder um die Worte einer Teilnehmerin wiederzugeben: «Wir machen das nicht, weil wir müssen, sondern weil es nötig und sinnvoll ist.»
Bild: Zusammen mit meinem Kollegen, Baudirektor Martin Neukom, und GPV-Präsident Jörg Kündig durfte ich am Klimadialog zu den über 200 Teilnehmenden sprechen. (Foto: Sabina Bobst)
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