
Die Wirtschaftshilfe nach Corona war stark! Nur bei der Hilfe für Kulturschaffende sind wir in die Bürokratie-Falle getappt.
Ich finde, wir haben rund um die Corona-Krise einiges grossartig gemacht. Mit «wir» meine ich die gesamte Schweizer Bevölkerung und bei «grossartig» denke ich zum Beispiel daran, wie das Land schnell und solidarisch finanzielle Hilfe bereitgestellt hat für all jene, die durch die Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht waren. Das war stark, das war edel und es ist das, was ich mir unter einer reifen Gesellschaft vorstelle.
24 Franken – ein Witz
Dennoch haben wir einige Schweizer Eigenarten nicht hinter uns lassen können: Es gibt Fälle, da waren wir umständlich, zögerlich und auch nicht mutig. Meine Kritik richtet sich gegen die Art und Weise, wie wir die wirtschaftliche Hilfe für die Kulturschaffenden bereitstellen. Die Fachstelle Kultur in meiner Direktion bearbeitet zurzeit über 1000 Hilfegesuche aus dem Kulturbereich. In einem Fall hat sie 24 Franken ausbezahlen dürfen…
Für Schauspieler, Musikerinnen, Maler, Comedians, Tänzerinnen war der Lockdown gleichbedeutend mit einem totalen Einnahmenverlust. Das belegt das Corona-Monitoring von Sotomo im Auftrag der SRG: Keine Branche hat durch die Epidemie ähnlich grosse Einkommensverluste erlitten wie die Kultur. Und das auf einem bereits prekären Niveau. Nicht wenige Künstlerinnen und Künstler in der reichen Schweiz leben unter der Armutsgrenze. Das ist ja das Eigenartige an dieser Branche: Zu Glanz und Glamour auf der einen Seite gehört auf der anderen oft auch bitterer Verzicht.
Raus aus der Bürokratie-Falle
Die 24 Franken Hilfe sind da ein schlechter Scherz. Und auch die vielen dreistelligen Beträge, die wir auszahlen können, verdienen das Etikett Hilfe kaum. Wir alle wissen, wie lang man in unserem Land mit ein paar hundert Franken seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Aber die engen Vorschriften des Bundes und das Bemühen, möglichst unanfechtbare Entscheide zu fällen, haben uns voll in die Bürokratiefalle tappen lassen. Wir durchleuchten die Hilfegesuche von Kulturschaffenden derart akribisch, dass wir am Schluss zwar jedes Komma begründen können. Aber wir drohen dabei das Ziel zu verpassen, nämlich die wirksame und schnelle Hilfe für eine Musikerin oder einen Maler, die oder der die Miete kaum mehr bezahlen kann.
Für die Kulturschaffenden ist die Corona-Krise noch nicht überstanden. Nach wie vor engagiert kaum jemand für sein Sommerfest ein kleines Orchester und viele Bühnen bleiben wohl auch nach der Sommerpause leer. Und doch sind Mieten fällig. Der Bund sieht darum richtigerweise vor, die wirtschaftliche Hilfe für Kulturschaffende bis Ende September zu verlängern.
Pauschal und befristet 2000 Franken pro Monat
Bevor wir uns da wieder in Perfektion verrennen, mache ich dazu einen Vorschlag: Selbständige Kulturschaffende sollen, wenn sie das wollen, für diese Zeit unkompliziert und pauschal 2000 Franken Hilfe pro Monat beziehen können. Diese Kleinstgesuche bewilligen wir ohne aufwändige (und teure) Prüfung. Kulturschaffende aber, die das Gefühl haben, ihre Ausfälle seien grösser als 2000 Franken, müssen das in einem ausführlichen Gesuch begründen. Raus aus der Bürokratie-Falle!
Ich habe mit dieser Forderung übrigens eine unverdächtige Verbündete: die eidgenössische Finanzkontrolle. Sie, die nicht bekannt dafür ist, Ausgaben von Steuerfranken unbesehen durchzuwinken, hält mit Blick auf die Freigabe von Corona-Geldern fest: «Keep it simple!» In unserem Fall zugunsten der Kulturschaffenden – und der Steuerzahlenden.
Bravo, Jacqueline Fehr. Ich drücke allen Betroffenen die Daumen, dass das subito durchkommt.
Sehe ich auch so 🙂