• Skip to primary navigation
  • Skip to main content
  • Skip to primary sidebar
  • Skip to footer
jacqueline-fehr.blog Logo

jacqueline-fehr.blog - Blog von Jacqueline Fehr

  • Home
  • Archiv
  • Über Jacqueline Fehr

Es geht um Macht, Recht und Geld

7. Februar 2021 Kommentar schreiben

Gleichstellung ist umfassend. Das Frauenstimmrecht, dessen Jubiläum wir heute feiern, ist Teil der politischen Gleichstellung. Der viele Jahrzehnte alte Kampf um Gleichberechtigung hat aber noch zwei weitere Dimensionen: eine rechtliche und eine ökonomische. Unverzichtbar sind alle drei.

Meine Mutter hatte kein Stimmrecht, als ich 1963 zur Welt kam. Gemäss damaligem Eherecht durfte sie ohne Einwilligung ihres Mannes auch nicht einer bezahlten Tätigkeit nachgehen. Der Film «Die göttliche Ordnung» von Petra Volpe hat uns diese und weitere Absurditäten vor Augen geführt, als er vor knapp vier Jahren in den Kinos lief. Obwohl wir es irgendwie wussten, starrten die meisten von uns doch ziemlich ungläubig auf die Leinwand.

Zwei Jahre später haben mehr als 500’000 Teilnehmende am Frauenstreik klargemacht, dass 50 Jahre Stimmrecht noch lange kein Grund ist, mit dem Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter aufzuhören. Im Gegenteil. 

Als Kind der früheren Frauenbewegung habe ich gelernt, dass die politischen Rechte zwar unverzichtbar sind. Ausreichend für die Gleichstellung sind sie aber nicht. Denn diese hat drei Dimensionen: Es geht um die politische, die rechtliche und die wirtschaftliche Gleichstellung. Es geht also um Macht, um Recht und um Geld.

Wo stehen wir 50 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts mit der Gleichberechtigung? Welche Schritte braucht es noch?

Die Mitbestimmung steht am Anfang

Die politische Dimension ist so etwas wie die Vorhut der Gleichstellung. In allen Ländern der Welt ging es immer zuerst um die politische Mitbestimmung der Frauen, also um das Wahl- und Stimmrecht. In den 50 Jahren seit Einführung des Frauenstimmrechts wurden insgesamt neun Bundesrätinnen gewählt. In den Kantonsregierungen sassen und sitzen einige Frauen mehr. Im derzeitigen Zürcher Regierungsrat haben die Frauen gar die Mehrheit. Der Anteil der Frauen in der Bundesversammlung liegt aktuell bei 42 Prozent, so hoch wie noch nie.

Anders sieht es in den Gemeinden aus. Dort gehören die Frauen  immer noch zur Minderheit. Aus diesem Grund lanciert die Frauenzentrale Zürich, unterstützt von meiner Direktion, für die Kommunalwahlen im Frühling 2022 die Aktion «Züri-Löwinnen brüllen». Die Aktion will politisch interessierte Frauen dazu ermutigen, sich als Kandidatinnen zur Verfügung zu stellen.

Heute ist der richtige Tag, um mit dem Engagement zu beginnen. Deshalb, liebe Frauen: Trauen Sie sich! Stellen Sie sich als Kandidatin für ein Gemeindeamt zu Verfügung! Lassen Sie sich wählen und gestalten Sie damit den Kanton Zürich der Zukunft mit!

Das Recht anpassen

Die zweite Dimension ist die rechtliche Gleichstellung. Deren Pfeiler sind Eherecht, Familienrecht und Erbrecht, aber auch zivilstandsunabhängige Sozialversicherungen.  Einiges ist erreicht. Aber gerade die Sozialversicherungen beruhen zu einem schönen Teil auf einem Lebensmodell aus den 70er-Jahren. Das hat zur Folge, dass viele Frauen Nachteile erleiden, weil sich ihre Erwerbsverläufe in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt haben – viel stärker als jene der Männer.

Doch die Rechtsgrundlagen anzupassen, ist eine zähe Sache. Thomas Gächter, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Sozialversicherungsrecht an der Uni Zürich, stellt dies im Gespräch mit Helena Trachsel, der Leiterin der Fachstelle Gleichstellung, eindrücklich dar. Hören Sie doch einmal in den Podcast «Gleichstellung ist gelebte Teilhabe» rein. Es lohnt sich.

Ein zweiter zentraler Bereich der rechtlichen Gleichstellung ist das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Dabei handelt es sich um ein düsteres Kapitel: Die Polizei im Kanton Zürich rückt 15-mal pro Tag wegen familiärer Streitigkeiten und häuslicher Gewalt aus. Durchschnittlich jede zweite Woche wird eine Frau durch ihren Mann oder Partner umgebracht. Femizid heissen die Verbrechen, bei denen Frauen ihr Leben lassen, weil sie Frauen oder Mädchen sind.

Gegen diese traurige Realität braucht es das koordinierte Vorgehen von Gewaltprävention, Opferschutz und Strafverfolgung. Das 2018 in Kraft getretenen Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul-Konvention, gibt dazu den Rahmen. Eine Massnahme, die der Kanton Zürich in diesem Zusammenhang jüngst lanciert hat, ist die Kampagne «Stopp Gewalt gegen Frauen!». Diese informiert über das Thema und über Hilfsangebote.   

Hier gehts um die Wurst

Die dritte Dimension ist die ökonomische Gleichstellung. Ihre Umsetzung ist mit Abstand am schwierigsten, denn hier geht es um die Wurst. Schliesslich ist Geld immer auch Macht.

Dabei ziehen die Frauen oft bereits innerfamiliär den Kürzeren. Denn die Gleichung ist in vielen Familien einfach: Wer besser verdient, soll mehr arbeiten. Die tieferen Frauenlöhne sind damit gleich mehrfach benachteiligend. Sie drängen die Frauen aus dem Erwerbsmarkt. Sie zerstören Karrierepläne und berufliche Ambitionen. Und sie bestrafen die Frauen durch tiefere Renten im Alter und mit einem höheren Armutsrisiko nach einer Scheidung.

Als wäre das nicht schon genug, kommt noch das ungerechte Steuersystem hinzu. Es lässt den letzten Rest des Fraueneinkommens dahinschmelzen, weil die Familie durch das zusammengerechnete Einkommen in eine höhere Progression rutscht. Kein Wunder, bleiben die Frauenerwerbspensen in der Schweiz hartnäckig tief.

Auf diese wirtschaftliche Verschwendung von Potenzial und beruflichem Ehrgeiz gibt es nur eine Antwort: die Individualbesteuerung. Erst wenn beide Parteien in ihrer persönlichen Steuererklärung je ihren Lohn und ihr Vermögen deklarieren, wird die ökonomische Rolle der Frauen sichtbar. Erst dann werden sie zum wirtschaftlichen Subjekt, dessen Einkommen auch für den Fiskus interessant ist.

Ein Blick in den hohen Norden zeigt, wie grundsätzlich sich die Perspektive in Bezug auf die Stellung der Frau in der Arbeitswelt geändert hatte, nachdem Schweden 1971 die Individualbesteuerung eingeführt hat. Ja, Schweden führte ebenfalls vor exakt 50 Jahren die Individualbesteuerung ein – im Jahr, als in der Schweiz die Frauen gerade mal das Stimmrecht erhielten.

Keine Freiheit ohne Emanzipation

Heute, am Tage des 50. Geburtstags des Frauenstimmrechts, stellt sich deshalb die grosse Frage: Wie geht es weiter mit der Gleichstellung in der Schweiz? Für mich ist seit langem klar: Gleichstellung ist erst dann erreicht, wenn neben der politischen und der rechtlichen auch die ökonomische Gleichstellung selbstverständlich ist.

Selbstbestimmung und Unabhängigkeit hängen direkt davon ab, ob man finanziell auf eigenen Beinen steht. Denn Freiheit und Emanzipation gehören zusammen: Ohne Freiheit keine Emanzipation – und ohne Emanzipation keine Freiheit.

Der Weg zur umfassenden Gleichstellung ist für die Frauen in der Schweiz immer noch weit.

Foto: Über 500’000 Menschen nahmen 2019 landesweit am Frauenstreik teil – zum Beispiel an der grossen Demo in Zürich (Bild privat)

Beitrag teilen

Kategorie: Blog Tags: Push

Reader Interactions

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Primary Sidebar

Neueste Beiträge

  • Es geht um Macht, Recht und Geld
  • Ein Lob aufs Labor
  • Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende
  • Die Demokratie braucht Versöhnung
  • Mit vier Säulen gegen Corona

Neueste Kommentare

  • Fleck Markus bei Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende
  • Eugen U. Fleckenstein bei Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende
  • Simona Winkler bei Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende
  • Jojo Kunz bei Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende
  • Marie bei Hilfe statt Bürokratie für Kulturschaffende

Kategorien

  • Blog

Archive

  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020

Footer

 

  • E-Mail
  • Facebook
  • Instagram
  • LinkedIn
  • Twitter

Copyright © 2021 · jacqueline-fehr.blog · Blog von Jacqueline Fehr · Impressum & Datenschutzerklärung