
Zwei Flugstunden von uns entfernt herrscht Krieg. Und wir müssen zuschauen. Doch es gibt Dinge, die wir tun können. Zum Beispiel bestmögliche Voraussetzungen für die ukrainischen Flüchtlinge schaffen. Umso wichtiger ist es, dass der Bundesrat für die Flüchtlinge eine Integrationspauschale ausrichtet.
Die Nachrichten und die Bilder aus der Ukraine sind niederschmetternd. Sie machen uns fassungslos. Eine europäische Demokratie wird auf ihrem eigenen Boden vom autoritären Nachbarn angegriffen, beschossen und bombardiert – Menschen sterben, Kinder, Frauen, Männer. Abertausende sind auf der Flucht.
Wir erleben eine Katastrophe, wie wir sie nicht mehr für möglich gehalten hätten. Und das zwei Flugstunden von unserer Haustüre entfernt. Dabei macht uns die Nähe unsere Machtlosigkeit ganz besonders bewusst. Es herrscht Krieg, sozusagen in unserer erweiterten Nachbarschaft, und wir müssen zuschauen.
Allerdings, voll und ganz machtlose Zuschauerinnen sind wir nicht. Gerade weil wir einmal mehr privilegiert und vom Krieg nicht oder höchstens sehr indirekt betroffen sind, haben wir die Möglichkeit zum Helfen – und ebenso die Verantwortung dazu.
Offene Grenzen sind nicht genug
Es geht dabei vor allem um die Flüchtlinge, die sich bei uns in Sicherheit bringen.
Die Schweiz nimmt Flüchtlinge aus der Ukraine unbürokratisch auf. Formell bekommen sie den Status S. So plant es der Bundesrat.
Dass die Schweiz – wie auch die die EU – ihre Grenzen für die Flüchtlinge öffnet, ist natürlich richtig, wichtig und alternativlos.
Aber es ist nicht genug.
Der Status S ist vorgesehen für Flüchtlinge, die vorübergehend Schutz brauchen, die aber, sobald es die Umstände zulassen, wieder in ihre Heimat zurückreisen. Deshalb sind bei Personen mit Status S keine Integrationsleistungen vorgesehen.
Das ist in diesem Fall falsch und kurzsichtig. Mehr noch: Es ist kontraproduktiv.
Selbstverständlich möchten die ukrainischen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren, und zwar lieber heute als morgen. Die Frage ist, wann sie in die Heimat zurückkehren können – und auf diese Frage hat im Moment niemand auch nur den Hauch einer Antwort. Nach Lage der Dinge lässt sich höchstens sagen: Die optimistischen Antwortversionen sind kaum die realistischen. Leider.
Zwei Varianten
Vor diesem Hintergrund können wir zwischen einer Win-Win- und einer Lose-Lose-Variante wählen.
Lose-Lose haben wir, wenn wir das Integrieren bleiben lassen. Dann verbringen die Flüchtlinge Monate, vielleicht Jahre in der Schweiz, ohne dass sie unsere Sprache lernen und damit in die Lage kommen, einer qualifizierten Arbeitstätigkeit nachgehen zu können. Das ist demoralisierend für die Betroffenen und trägt nicht dazu bei, dass sie bei uns Kraft, Energie und Knowhow tanken, um dann den Wiederaufbau ihres Landes in Angriff nehmen zu können.
Wir schaden mit einem solchen Vorgehen aber auch uns selber: Es kommen Flüchtlinge in die Schweiz, die in ihrer Heimat im Gesundheitswesen tätig waren, als Ärztinnen oder Pfleger, die IT-Spezialistin oder Logistiker, Ingenieurin oder Angestellte im Gastrobereich waren – alles Branchen, in denen wir eine grosse Nachfrage nach Mitarbeitenden haben.
Ein wirkungsvoller Beitrag
Leisten wir also einen Integrationseffort für die ukrainischen Flüchtlinge!
Wir machen diese so fit für ihre Zukunft und für die grossen Herausforderungen, die in ihrer Heimat auf sie warten. Und nebenher haben wir auch noch selber einen Nutzen: Win-Win.
Der Kanton Zürich und ebenso der Vorstand der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren haben deshalb den Bundesrat aufgefordert, für ukrainische Flüchtlinge ab Ankunft eine Integrationspauschale auszurichten, auch wenn dies der Status S nicht vorsieht.
Mit dieser Massnahme leisten wir – über das Ganze gesehen – einen kleinen, für die Betroffenen aber einen wichtigen und wirkungsvollen Beitrag gegen das Elend.
Bild: Die Ukrainerinnen und Ukrainer brauchen Solidarität und Unterstützung. (Quelle: Pixabay)
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