
Es ist ein verrücktes Schauspiel, das in der Schweiz gerade abläuft. Aus allen Richtungen schlagen sie auf den Sack ein. Der Sack, das ist die SRG. Das Problem ist aber der Esel. Er bekommt nichts ab und schaut belustigt zu. Der Esel ist die bürgerliche Sparallianz.
Die Frage von Ursache und Wirkung ist ganz klar: Der Bundesrat und eine bürgerliche Mehrheit des Bundesparlamentes zwingen die SRG zum Sparen. Nicht weil sich die Schweiz diesen Service Public nicht mehr leisten könnte, sondern weil das Kleinmachen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von rechts bis in die politische Mitte gerade in Mode ist. Die Motive dahinter haben wenig mit finanzieller Entlastung der Konsument:innen zu tun. Es geht vielmehr um die Macht über den öffentlichen Diskurs und um kommerzielle Interessen der grossen Medienkonzerne.
Die SRG stützt die Demokratie und gibt gesellschaftlichen Kitt
Darum zwingt die bürgerliche Allianz – der Esel – die Radio- und Fernsehsender der SRG zum Abbau, während einzelne bürgerliche Exponenten Medientitel und damit politischen Einfluss dazukaufen. Vergessen geht dabei die enorme gesellschafts- und staatspolitische Bedeutung, die die Informations- und Unterhaltungsangebote der SRG haben – für die direkte Demokratie und den gesellschaftlichen Kitt im Land. Endlosmusikprogramme und Bilder aus Dschungelcamps von ausländischen Privatstationen sollen uns künftig genügen.
Zurück zu Sack und Esel. Da erleben wir eine total verkehrte Welt. Die geschlagene SRG macht, zu was sie die bürgerliche Politik zwingt, und kündigt Streichungen an: Kein G&G mehr, weniger Wissenschaft, weniger Berichte aus den Regionen, weniger Kultur, weniger Podcasts, weniger Wirtschaft.
Was dann passiert, ist logisch: Die Streichungen wecken Widerstand, zahlreiche einzelne Lobbys treten auf den Plan. «Streichen, sicher nicht bei uns!», ruft es aus allen Ecken. Wenn, dann lieber bei anderen. Mitten in der Kritik steht die SRG-Spitze. Schläge für den Sack, der Esel schaut amüsiert zu.
Wir müssen den Spardruck kritisieren, nicht die SRG
Liebe Freundinnen und Freunde von differenzierter und unterhaltender Information: Es läuft gerade ziemlich falsch. Es geht nicht darum, die SRG-Spitze für einzelne Entscheide zu kritisieren, sondern es geht darum, den völlig unnötigen Spardruck zu bekämpfen. Und dafür zu sorgen, dass der Spardruck nicht noch grösser wird. Zwar hat die zuständige Kommission des Ständerates noch weitergehende Sparfantasien (Gegenvorschlag Kutter zur SRG-Initiative «200 Franken sind genug») abgelehnt. Aber vom Tisch sind sie noch nicht.
Es geht nicht um Kultur gegen Fussball gegen Wirtschaft gegen Wissenschaft. Es geht um den gemeinsamen Widerstand gegen einen unnötigen Abbau. Denn wenn alle gegeneinander und gegen die SRG wettern, nützt das vor allem dem Esel. Mit anderen Worten: Die Kritik der SRG-Freund:innen nützt vor allen den SRG-Gegner:innen.
Es braucht eine breite Allianz pro SRG
Es gibt für mich darum nur einen erfolgversprechenden Weg: Wir brauchen eine breite Allianz gegen den unnötigen Sparzwang. An guten Argumenten würde es dieser Allianz keineswegs fehlen. Ich zitiere da gern den Zürcher Regierungsrat, der kürzlich folgende Forderungen an die SRG formuliert und damit gesagt hat, was die SRG heute leistet:
- Die SRG muss Qualitätsjournalismus betreiben
- Die SRG muss die Randregionen abdecken
- Die SRG muss das Schweizer Filmschaffen fördern
- Die SRG muss ein breites Sportangebot umfassen
- Die SRG muss zum Zusammenhalt der Schweiz beitragen
Das ist viel, aber die SRG leistet das heute – für nur gerade 335 Franken pro Jahr und Haushalt. Wenn wir danebenhalten, was TV-Abos für Fussball oder Netflix kosten, so ist das sehr viel breitere SRG-Angebot ein Schnäppchen.
Sportlerinnen verlieren an Reichweite
Und noch etwas: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Abbau bei der SRG sehr rasch sehr einschneidende Folgen hätte. Denken wir zum Beispiel an die Volksmusik: Sie hat heute in den SRG-Programmen prima Bühnen, die ihr grosse Popularität verleihen. Die Sichtbarkeit würde durch einen weiteren Abbau stark eingeschränkt. Oder die Schweizer Sportlerinnen und Sportler: Wenn sie weniger am Fernsehen zu sehen sind, verlieren sie die für die Werbewirtschaft nötige Reichweite. Die Sponsoren lassen sie fallen. Und die Sportlerinnen verlieren ihre wirtschaftliche Basis.
Also, liebe Pro-SRG-Allianz: Bekämpfen wir nicht die Folgen des Problems, sondern das Problem selbst. Stopp dem weiteren Abbau! Der Spardruck ist unnötig, ja gefährlich. In diesen weltpolitisch aufwühlenden Zeiten brauchen wir neben privaten Medien eine starke SRG, die uns verlässlich, kritisch und unabhängig informiert und auch unterhält. Schlagen wir den Esel!
Foto: Der SRF-Sitz in Zürich-Leutschenbach. So sieht er aus – der Sack, auf den die bürgerliche Sparallianz eindrischt. (Bild PD)
Gute Analyse – aber wie kann sie in den Diskurs auf Bundesebene mitprägen? Können die Zürcher Ständeräte das einbringen? Oder geht das über die KdK? Das Parlament und der Bundesrat entscheiden am Schluss, was zur Abstimmung kommt!