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Wie ich zusammen mit dem Arbeitgeberdirektor die Berner Bürokratie austrickste!

15. Juni 2020 7 Kommentare

Kinder spielen in Kita

Wissen Sie noch? Es ist noch nicht lange her, da war die Kinderbetreuung «Privatsache». Kinder, die in die wenigen Krippen oder Horte mussten, wurden bedauert. Die landläufige Überzeugung war damals: Solche Kinder stammten entweder aus klammen Verhältnissen, sprich ihre Mütter mussten arbeiten.  Oder –  viel schlimmer – sie hatten das Pech, eine Mutter zu haben, der ihre Selbstverwirklichung wichtiger war als ihre Mutterpflicht. «Karrierefrauen» war ein Schimpfwort.

Letzten Monat hat der Bundesrat beschlossen, Kindertagesstätten, sprich Kitas (so heissen die Krippen heute) zu unterstützen, die infolge der Coronakrise Ertragsausfälle erlitten haben. Er hat die Kantone verpflichtet, den Kitas Finanzhilfen für die entgangenen Eltern-Beiträge zu gewähren. Warum? Weil ohne Kitas die Wirtschaft nicht funktioniert. Kitas sind heute als systemrelevant erkannt.

Systemrelevant – ein Adjektiv, das wir zwar Corona-geschädigt schon fast nicht mehr hören können, uns aber vor allem eines aufzeigt: Die Rolle der Mütter hat sich in den letzten zwanzig Jahren auch bei uns grundsätzlich verändert. Sie bewegt sich also doch, die Schweiz! Wie, das zeigen die zwei Zahlen 100 Millionen und 65 Millionen Franken.

2001 forderte ich als junge Nationalrätin 100 Millionen Franken pro Jahr, um die Gründung von mehr Kita-Plätzen zu fördern: Anstossfinanzierung hiess das Projekt. Dass ich das Projekt im Parlament mehrheitsfähig machen konnte, war damals eine Sensation. Und heute, knapp 20 Jahre später? 65 Millionen Franken für rund zwei Monate Ertragsausfälle in die Kitas gingen schon fast so geschmeidig durchs Bundesparlament wie sonst nur Gelder für die Landwirtschaft.

Wie wir hierherkamen?

Nun, an den Anfang kann ich mich gut erinnern:

Zeit: Es war Sommer/Herbst 2001. Ich war seit 3 Jahren Nationalrätin.

Akteure: Beteiligt waren Peter Hasler, damals Direktor des Arbeitsgeberverbandes, Christine Egerszegi, damals Nationalrätin der FDP und wie ich Mitglied der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats. Und ich selber.

Orte des Geschehens: das Bundeshaus in Bern und der Sitz des Arbeitgeberverbands an der Hegibachstrasse in Zürich.

Und so lief es ab: Nachdem die Räte meine Parlamentarische Initiative zur «Anstossfinanzierung für familienergänzende Betreuungsplätze» im Frühling 2001 vorläufig überwiesen hatten, nahm ich mit Peter Hasler Kontakt auf. Er hat sich um die Jahrtausendwende verschiedentlich zum Thema der Kinderbetreuung geäussert und einen Ausbau der Kita-Plätze gefordert.

Meine Absicht: Ich wollte mit ihm zusammen das geforderte Gesetz schreiben.  Ich stellte mir ein schlankes Gesetz vor, das rasch behandelt und nicht in den Mühlen der Bundesverwaltung zermahlen werden konnte. Peter Hasler sagte zu, und so wurde im Herbst 2001 der Sitz des Arbeitgeberverbandes kurzzeitig zum Ersatz für die Bundesverwaltung. In einem Tag hatten wir die rund 10 Artikel verfasst, das Gesetz stand. Ich konnte daraufhin Christine Egerszegi gewinnen, den Gesetzesentwurf integral als Antrag in die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit einzugeben. Wir haben damit im Prozess mehrere Monate Zeit gewonnen und konnten den Gesetzesentwurf direkt beginnen.

Ein Jahr später bereits, am 4. Oktober 2002, kam es zur Schlussabstimmung. Am 1. Februar 2003 trat das Gesetz in Kraft. Seither wurden rund 70’000 neue Plätze geschaffen (Bilanz nach 17 Jahren hier). Die 10 Artikel, die wir damals an der Hegibachstrasse ausgebrütet haben, sind auch heute mehr oder weniger unverändert gültig.

Für die ersten 100 Millionen Franken für den Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung brauchte ich Glück, Fantasie und aufgeschlossene Bürgerliche. Das Ja im Parlament 2002 war eine Zitterpartie. Bis zur letzten Minute war nicht sicher, ob die Mehrheit zu schaffen war. Der Widerstand aus SVP und konservativen Kreisen der FDP und der CVP war laut und moralisch. Wer Kinder habe, solle sich gefälligst um sie kümmern, war noch das mildeste, was wir jungen Parlamentarierinnen stellvertretend für alle berufstätigen Frauen im Lande hören mussten.

Und heute sind Kitas also systemrelevant.

Ich traute ehrlich gesagt zuerst den Ohren nicht. Ist es möglich, dass wir den Durchbruch wirklich geschafft haben? Ist es möglich, dass Kita-Kosten als Investitionen in eine Infrastruktur angesehen werden, die es für eine funktionierende Wirtschaft braucht wie Schienen und Strassen? Und ist es allenfalls sogar möglich, dass die frühkindlichen Angebote als Teil des Bildungssystems erkannt werden? Als Teil der kostenlosen Volksschule gar? Als Ort, wo Kinder das machen dürfen, was sie am liebsten machen: die Welt entdecken?

Ich hatte als junge Frau einen Traum: Ich wollte beruflich vorankommen, ohne auf Kinder verzichten zu müssen. Ich träumte von Betreuungsangeboten, die das Familienleben ergänzten. Ich träumte von einer Politik, die den ersten Lebensjahren der Kinder grosse Aufmerksamkeit schenkt.

Vieles von diesem Traum ist in der Zwischenzeit Wirklichkeit. Für die restlichen Schritte träume ich weiter. Und wovon träumen Sie?

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Kategorie: Blog Tags: Kinderbetreuung, Kita, Kitafinanzierung, Kitas, Push, systemrelevant

Reader Interactions

Kommentare

  1. AnKa schrieb

    15. Juni 2020 um 22:54

    Die Menschen sollten sich dringend auf den Weg machen, woher all das wohl kommt…… Ich sag nur….. Wer sucht der findet… Heut zu Tage in Zeiten des Internet….. Ganz sicher

    Antworten
  2. Chris Knecht schrieb

    16. Juni 2020 um 23:08

    ??? #bravo #kita #erfolgsgeschichte ??? ???

    Antworten
  3. Eva Roth schrieb

    19. Juni 2020 um 12:12

    Ja, ja, sie werden hochgejubelt die Kitas!
    Und alle anderen frühkindlichen Angebote, die nicht der reinen Vereinbarkeit von Familie und Beruf dienen, werden entweder nicht erwähnt oder dann wird ihnen jegliche relevanz angesprochen.
    Um was geht es eigenlich bei der vereinbarkeit von Familie und Beruf? Um die Kinder? Wohl eher um die Wirtschaft als das gesunde Aufwachsen der Kinder und Chacengerechtigkeit!
    Die Maschinerie Kita wird hochgefahren und alle Eltern sowie auch die Gemeinden dazu genötigt (über die Betreuungsgutscheine) diese Betreuungsplätze auch zu nutzen. Die Eltern werden in ihren Erziehungskompetenzen anstatt unterstützt und gestärkt total verunsichert und ihnen wird vorgegaukelt, dass die “professionellen” Betreuuerinnen dies besser können als sie selber. Die grosse Mehrheit aller Personen die in den Kita arbeitenden Personen haben keine Ausbildung für die Arbeit die sie an den Kindern verrichten! Die Leitungen sind gut ausgebildet, aber die müssen vor allem administrative Arbeiten verrichten – das ist ein Hohn für die Schweiz und Raubbau an den heutigen Kindern und damit der nächsten Generation Bürger. Aber die Kitas werden nun ja zu neuen Bildungsorten hochgejubelt und sollen für die Kinder besser sein als ihre eigenen Eltern? Warum MÜSSEN eigentlich alle Eltern so viel arbeiten wollen und werden wie auch schon vor 30 Jahren schräg angeschaut und als faul betitelt, wenn sie selber zum Kind schauen? Wenn die Politiker nicht begreiffen, dass eine Politik der frühen Kindheit, frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung und auch Chanchengerechtigkeit vor dem Kindergarten oder gesundes Auswachsen nicht gleichzusetzen und komplexer ist als blosse Vereinbarkeit von Familie und Beruf, haben die Politiker wohl ihre eigene Kindheit und ihr eigenes Aufwachsen mit dessen elementaren und komplexen Zusammenhängen ausgebledet oder vergessen.

    Antworten
    • doeis greuter schrieb

      19. Juni 2020 um 20:54

      liebe eva roth
      sie werden ihre gründe haben, dass sie die familien ergänzende so negativ beurteilen. ich habe erfahrung in allen bereichen: als primarlehrerin, als mutter und hausfrau, als leiterin einer städtokinderbetreuung (horte und kitas), als hortleitern und jetzt als grosi von zwei teilzeit krippenkindern.
      meine grosskinder gehen beide gerne ins kinderhaus, seit 4,5 / 0,5 jahren. ich finde die kinderbetreuung ist eine wichtige ergänzung zur kleinfamilie.
      hat nicht jede frau auch ein recht auf ein familien- und ein erwerbsleben? glück hat, wer überhaupt wählen kann.

      Antworten
    • Redaktion schrieb

      22. Juni 2020 um 16:26

      Ich finde diese Diskussion wichtig und richtig. Ein dichtes Netz von familienexternen Kinderbetreuungsangeboten, die gleichzeitig möglichst preiswert und qualitativ hochstehend sind: Dieses Anliegen begleitet mich durch mein gesamtes politisches Engagement. Dass es in der Gesellschaft Gleichberechtigung und Lohngleichheit braucht, dass Frauen und Mütter in allen Rollen und Funktionen sollen arbeiten können – diese Überzeugung ist Teil meines politischen Fundaments. Wir wissen alle, dass sich diese Forderungen nur realisieren lassen, wenn die Möglichkeit zur familienexternen Kinderbetreuung besteht.

      Zum Kern meines politischen Denkens gehört aber auch, dass jede und jeder selber darüber entscheiden soll, wie er oder sie leben will – solange er oder sie damit nicht andere beeinträchtigt. Ob der Vater zu den Kindern schaut und den Haushalt besorgt, währenddem die Mutter arbeiten geht, ob Vater und Mutter sich Erwerbs- und Familienarbeit teilen, ob der Vater arbeitet und die Mutter zu Hause bleibt: Das sind alles legitime Familienmodelle. Niemand soll und kann darüber richten, welches Modell richtig, welches gut ist – weil es kein Richtig und Falsch, kein Gut und Schlecht gibt.

      Mein Anliegen ist simpel: Jede Familie soll sich so organisieren können, wie es für sie stimmt. Damit dies möglich ist, braucht es Strukturen und Bedingungen. Zum Beispiel Kitas. Sonst bleibt die Freiheit eines ganzen Bevölkerungsteils – der arbeitswilligen Frauen – eingeschränkt. Das darf nicht sein.

      Jacqueline Fehr

      Antworten
  4. Andrea Lanfranchi schrieb

    19. Juni 2020 um 14:27

    Liebe Jacqueline, die von dir initiierte Anstossfinanzierung zur Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen in der Schweiz war (und IST immer noch!) aus verschiedener Hinsicht ein sehr wichtiger Durchbruch. Schon damals bewunderte ich deinen politischen Instinkt und deine kohärente Professionalität in der Realisierung zentraler Anliegen für eine «just community». Kitas sind ja nicht nur wegen der Vereinbarkeit von Familie und Arbeit (für Frau UND Mann) von grosser Bedeutung, sondern auch für die Gesundheit und Entwicklung der Kinder selber, und speziell zur Förderung gerecht verteilter Bildungschancen. Eine neue Politik der frühen Kindheit soll neben den Kitas auch die Frühförderung für sozial belasteten Familien anhand von Hausbesuchsprogrammen ab Geburt unterstützen. Gerade jetzt in der Coronazeit können wir mit solchen Massnahmen vermeiden, dass Kinder aus prekären Familienverhältnissen noch mehr zu Bildungsverlierern werden.
    Vor 50 Jahren hätte niemand geträumt, dass der damals kaum institutionalisierte Kindergarten ein wichtiger Teil der Schule wird – jetzt träume ich, dass die Politik in der Schweiz die Kinder nicht erst ab vier, sondern ab 0 Jahren wahrnimmt!

    Antworten

Trackbacks

  1. Und jetzt etwas Grosses schaffen! | Fehr denkt quer - Blog von Jacqueline Fehr sagt:
    29. September 2020 um 15:42 Uhr

    […] Das nicht minder deutliche Nein zu den Kinderabzügen für Gutverdienende erinnert mich derweil an die Zeit, als Kitas noch Mangelware und traditionelle Rollenmuster noch weit verbreitet waren. Damals – 2001 – machte sich eine kleine Gruppe, bestehend aus Arbeitgeberdirektor Peter Hasler, FDP-Nationalrätin Christine Egerszegi und mir daran, eine Anstossfinanzierung für familienexterne Betreuungsplätze auf die Beine zu bringen. […]

    Antworten

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