
In den Abstimmungsresultaten des letzten Sonntags liegt grosses Potenzial: Sie bereiten den Boden für die Individualbesteuerung und den Umbau des Kita-Systems. Beides wären höchst lohnende Investitionen. Nutzen wir die Chance!
Der vergangene Abstimmungssonntag war für mich so etwas wie eine kleine Tour d’Horizon durch mein politisches Leben. Es war – so viel sei vorausgeschickt – eine sehr angenehme Reise durch die Erinnerung.
Das deutliche Ja zum Vaterschaftsurlaub ist gewissermassen die Abrundung der Mutterschaftsversicherung, für die wir Jahrzehnte lang hart und intensiv gekämpft haben und die wir schliesslich vor 16 Jahren per Volksabstimmung realisieren konnten.
Das nicht minder deutliche Nein zu den Kinderabzügen für Gutverdienende erinnert mich derweil an die Zeit, als Kitas noch Mangelware und traditionelle Rollenmuster noch weit verbreitet waren. Damals – 2001 – machte sich eine kleine Gruppe, bestehend aus Arbeitgeberdirektor Peter Hasler, FDP-Nationalrätin Christine Egerszegi und mir daran, eine Anstossfinanzierung für familienexterne Betreuungsplätze auf die Beine zu bringen.
Die Kinderabzugsvorlage vom letzten Sonntag war eine Fehlkonstruktion, weil sie vor allem Gutverdienende hätte profitieren lassen. Die Debatte über die Vorlage war allerdings aufschlussreich: Sie brachte zum Ausdruck, dass inzwischen selbst rechtsbürgerliche Kreise nicht mehr darüber diskutieren wollen, ob die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern sei – es geht einzig noch um das Wie.
Die Hälfte hätte es gern billiger
Dank des Neins eröffnet sich nun die Möglichkeit für ein besseres Wie. Die 400 Millionen Franken, welche die Kinderabzüge gekostet hätten, sind jetzt wieder frei.
Hinzu kommt: Nur knapp 9000 Stimmen betrug in der Kampfjet-Abstimmung der Vorsprung des Ja-Lagers. Ganz offensichtlich sind der Hälfte aller Stimmenden 6 Milliarden Franken für die Luftwaffe entschieden zu viel. Sie haben andere Prioritäten. Dass vor allem Frauen die Flieger ablehnten, ist wohl ein Hinweis, wo diese liegen.
Es gehört zum Wesen der Schweizer Politik, dass die Anliegen von starken Minderheiten aufgenommen und in die Lösungsfindung einbezogen werden. Im Fall der Kampfjet-Abstimmung war das Anliegen der Minderheit dem «Blick» sogar eine Titelzeile wert: «Kampfjets müssen billiger werden!»
Simpel, wirkungsvoll, gerecht, nachhaltig
Deshalb – und mit Blick auf diese drei Vorlagen – erlaube ich mir eine simple Forderung: Wenn die Armee glaubwürdig und populär bleiben will, reduziert sie das Fliegerbudget von sechs auf vier Milliarden Franken. Die restlichen zwei Milliarden plus die bei den Kinderabzügen eingesparten 400 Millionen investieren wir dort, wo sie dem Land und den Menschen in diesem Land wirklich nützen: Wir realisieren die Individualbesteuerung, für die bislang angeblich immer das Geld gefehlt hat und die viel wirkungsvoller, gerechter und nachhaltiger wäre als ein Herumschräubeln bei den Abzügen. Und wir integrieren die Kitas in die Volksschule und machen sie damit kostenlos. Von beiden Massnahmen profitiert das ganze Land.
Vergleiche mit skandinavischen Staaten zeigen, dass die Individualbesteuerung die Erwerbstätigkeit der Frauen erhöht. Eine höhere Erwerbstätigkeit wiederum steigert den Steuerertrag und senkt den Druck auf die Zuwanderung von Fachkräften.
Und was die Ausgaben für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (und damit für die Kitas) angeht: Bei diesen handelt es sich nicht einfach um laufende Kosten, sondern um eine Investition mit beträchtlicher Rendite. Dass pro eingesetztem Franken in die Kinderbetreuung vier Franken an die Volkswirtschaft zurückfliessen, wissen wir schon seit der Jahrtausendwende. Eine neue Studie von BAK Economics bestätigt dies nun für den gesamten Bereich der frühen Förderung .
Man wolle auf die andere Hälfte zugehen, wurde von den Siegerinnen und Siegern der Kampfjetvorlage in Aussicht gestellt. Ja! Denn im Ergebnis des vergangenen Abstimmungssonntags liegt eine grosse Chance für unser Land. Wir packen diese, wenn sich Sieger und Verlierer des Sonntags zusammentun – mit der Ambition, nun etwas wirklich Grosses zu schaffen.
Bild: Die Kinderabzüge für Gutverdienende scheiterten deutlich. Jetzt sollten wir etwas Grosses planen. (Quelle: privat)
Liebe Frau Fehr
Würde gerne von Ihnen wissen wie‘s weitergeht in der Coronasache. Inzwischen kann man ja die wöchentlichen Toten (an und mit) bald an 2 Händen ablesen und die hospitalisierten an Covid19 summierten sich in der Woche 38 auf 66 Personen. Ich frage mich warum die Entscheidungen nicht aufgrund der aktuellen Situation getroffen werden, denn die ist m.E. nicht kritisch. Ich frage mich auch ob sich der Regierungsrat der grossen Verantwortung betr. Massnahmen bewusst ist? Vielleicht sehe ich das ja alles falsch, dann würde ich mich über eine Aufklärung freuen. MfG
Liebe Frau Fehr
Würde gerne von Ihnen wissen wie‘s weitergeht in der Coronasache. Inzwischen kann man die immer schneller steigenden Infiziertenzahlen nicht mehr ignorieren. Ich frage mich, warum die Entscheidungen nicht aufgrund der aktuellen Situation getroffen werden, denn die ist m.E. kritisch. Ich frage mich auch, ob sich der Regierungsrat der grossen Verantwortung betr. unterlassener Massnahmen bewusst ist? Vielleicht sehe ich das ja alles falsch, dann würde ich mich über eine Aufklärung freuen. MfG
Liebe Frau Fehr
Deutschland setzt den Kanton Zürich (völlig unüberraschend!) auf die Risikoliste. Jetzt heisst es: “Es ist ein weiterer Aspekt, der in die Entscheide der Regierung einfliesst, welche Massnahmen in dieser Situation nötig sind.” Das ist schön. Aber hätte man das nicht vorhersehen und schon früher einfliessen lassen können? Und vielleicht sogar Taten folgen lassen? Ich halte Sie für jemanden, der vorausdenkt, schliesslich hatten Sie sich auch schon umfassende Gedanken darüber gemacht, wie wir zu gegebener Zeit die Maskenpflicht wieder loswerden können. Anscheinend lagen aber die Prioritäten völlig falsch, oder was meinen Sie?